Quiet on Set: The Dark Side of Kids TV

„Quiet on Set: The Dark Side of Kids TV“ ist eine fünfteilige Miniserie, die die toxischen Machtstrukturen, hinter den Kulissen, beim amerikanischen Kindersender Nickelodeon in den 90ern und 2000ern näher beleuchtet. Im Vordergrund steht dabei vor allem der Drehbuchautor, Produzent und ehemalige Schauspieler Dan Schneider.

Nickelodeon ging am 01. Dezember 1977 in den USA zum ersten Mal auf Sendung. Und am 05. Juli 1995 auch in Deutschland. Bis er am 31. Mai 1998 vorerst eingestellt wurde. Ich weiß noch, dass ich todunglücklich war, dass der Sender zukünftig nicht mehr in Deutschland laufen sollte. Dafür gab es zwar seit einem Jahr den Kinderkanal (KiKa), aber ich mochte Nickelodeon einfach lieber. Neben dem RTL 2 Animeprogramm habe ich als Kind am liebsten Nickelodeon geschaut. Später dann auch KiKa und SuperRTL aber Nickelodeon war, wie gesagt, immer mein Favorit was Kinderfernsehen im Allgemeinen betraf. Wurden dort doch meine ganzen Lieblingscartoons und sogenannte Realfilmserien wie „Hey Arnold!“, „Doug“, „Rugrats“, „Rockos modernes Leben“, „CatDog“, „Aaahh!!! Monster“, „Die Biber Brüder“, „Clarissa“, „Der kleine Horrorladen“, „Clueless – Die Chaos-Clique“, „Die Fälle der Shirley Holmes“, „Sabrina – Total Verhext!“, „Geschichten aus der Gruft“ und „Grusel, Grauen, Gänsehaut“ gezeigt. Ersatzzuhause für die meisten Nickserien wurde in Deutschland dann SuperRTL, KiKa und ProSieben, sodass man sie dort weitergucken konnte. Als Nickelodeon 2005 wieder ins deutsche Fernsehen zurückkehrte, war ich bereits 16 und Kinderfernsehen daher nicht mehr wirklich relevant und interessant für mich.

Nickelodeon produziert bis heute Zeichentrickserien sowie Shows, Realfilmserien und Filme für Kinder und Jugendliche. Darunter befinden sich international bekannte und beliebte Cartoons bzw. animierte Serien wie „SpongeBob Schwammkopf“, „Paw Patrol“, „Dora“, „Hey Arnold!“, „Rugrats“, „CatDog“, „Die Ren & Stimpy Show“, „Cosmo & Wanda – Wenn Elfen helfen“, sowie Realfilmserien wie „Sabrina – Total Verhext!“, „Clueless“, „Zoey 101“, „Drake & Josh“, „iCarly“ und „Victorious“.

Während sich das Kinderfernsehen in Deutschland auf verschiedene Sender aufteilte (KiKa, RTL 2, SuperRTL, ProSieben), konkurrierte in den USA hauptsächlich der Disney Channel mit Nickelodeon, um die Kinderzuschauerschaft. Daher wurde bei Nickelodeon unermüdlich an neuen Shows gearbeitet. Neben den eigenen Cartoons setzte man vermehrt auch auf Live Action. Einer der sich dabei besonders hervortat war der ehemalige Schauspieler, Drehbuchautor und Produzent Dan Schneider. Dieser begann seine Karriere 1994 bei Nickelodeon als Drehbuchautor und Produzent für die Kinder Sketch Comedy Show „All That“. Nach dem Erfolg von „All That“ (1994-2005) ging es für Dan Schneider immer weiter bergauf.

Der erfolgreiche Showrunner produzierte und schrieb für die erfolgreichen Serien „The Amanda Show“, „Drake & Josh“, „Zoey 101“, „iCarly“, „Victorious“ und „Sam & Cat“. Serien die zu Nickelodeons Markenzeichen wurden und national sowie international bekannt und beliebt waren. Zudem machte sie Kinder- und Jugenddarsteller wie Amandy Bynes, Ariana Grande, Drake Bell, Jamie Lynn Spears, Josh Peck, Kenan Thompson, Miranda Cosgrove und Jennette McCurdy zu Stars.

Dan Schneider wurde, über die Jahre, zu Nickelodeons Goldjunge, der fast schon im Alleingang herrschen und walten konnte. Erst im Zuge der #metoo Bewegung bekam das Image von Dan Schneider ernsthafte Risse.

In Mary Robertsons und Emma Schwartz‘ Doku „Quiet on Set: The Dark Side of Kids TV“ kommen ehemalige Schauspielerinnen, Schauspieler, Drehbuchautorinnen, Regisseure, Produzenten und weitere, ehemalige, berufliche Wegbegleiter von Dan Schneider zu Wort. Fast ausnahmslos berichten sie von der toxischen, stressigen und oft unmenschlichen Arbeitsatmosphäre, die Dan Schneider über die Jahre bei Nickelodeon geschaffen hat.

Beleidigungen, unangemessene Kommentare, Sexismus, Wutausbrüche, Mobbing, Diskriminierung, viel zu lange Arbeitszeiten, kaum freie Tage, zu Dingen gezwungen zu werden, die die Kinderdarsteller nicht wollten – allgemein das Ausgeliefert sein der Kinder gegenüber den Erwachsenen (extremes Machtgefälle), traumatische Erlebnisse, das Einfordern von Massagen und ähnliches, fragwürdiges Verhalten von Schneider gehörten fast schon zur Tagesordnung.

Auch wurde die Sexualisierung der Kinder- und Jugenddarstellerinnen durch Dan Schneiders Drehbücher beschrieben. Nicht nur durch freizügige Kleidung sondern vor allem durch Szenen, die an sexuelle Handlungen erinnern. Oft mussten sich die jungen Darstellerinnen Schleim o.ä. ins Gesicht spritzen lassen, Ariana Grande musste mehr als einmal eine an Oralverkehr erinnernde Szene spielen… Dan Schneider verteidigte die Szenen stets als harmlos, lustig und ganz und gar nicht sexuell gemeint.

Und als ob all das nicht schon schlimm genug wäre, gab es gleich 3 (!) Pädophile an den Nickelodeon Sets. Einer davon verging sich mehrfach an Schauspieler Drake Bell, der in dieser Doku das erste Mal öffentlich über seinen sexuellen Missbrauch spricht. Auch mehr als einmal zerstörten die toxischen Erfahrungen am Set die Beziehungen zwischen den Kinderdarstellern und ihren Eltern.

Im Zuge der #metoo Bewegung im Jahre 2018 wurden immer mehr kritische Stimmen gegen Schneider laut und Schneider wurde daraufhin endlich von Nickelodeon gekündigt. Als Abfindung erhielt er 7 Millionen Dollar! Obwohl über die Jahre hinweg immer wieder Mitarbeiter an Nickelodeon herantraten, um auf Schneiders toxisches Verhalten aufmerksam zu machen, wurde Schneider erst 2018 entlassen.

Ich muss gestehen, dass ich zwar in fast alle Realserien von Nickelodeon mal reingeschaut habe, aber irgendwie mit keiner wirklich was anfangen konnte. Als Teenager habe ich eher so Serien wie „Buffy“, „Macolm mittendrin“, „King of Queens“, „Scrubs“ u.ä. geschaut. Egal ob das „Zoey 101“, „iCarly“ oder „Victorious“ war, ich fand alle Serien einfach nur laut, abgedreht und nervig. Selten witzig und eher etwas was man so nebenbei mal laufen lassen kann. Der Hype für diese Shows ist also völlig an mir vorbei gegangen.

Letztendlich ist „Quiet on Set: The Dark Side of Kids TV“ eine sehr sehenswerte Doku über die Machtgefälle am damaligen Set von Nickelodeon geworden. Ich denke aber, in gewisser Weise auch stellvertretend für so viele, andere toxische Film- und Seriensets. Ich bin schockiert wie viele Menschen verheizt und kaputt gemacht wurden. Die großen wie auch die kleinen Stars. Alle Schicksale machen auf ihre ganz eigene Weise betroffen. Natürlich vor allem das von Drake Bell, aber auch beispielsweise Amanda Bynes tut mir sehr leid. Ich finde es aber sehr gut, dass durch diese Dokumentation endlich mal die vielen Opfer eine Stimme bekommen haben.

Episodenguide
01. Dan Schneiders Aufstieg
02. Gecastet, gefeiert, traumatisiert
03. Ein perfider Plan
04. Macht, Ruhm und Schmerz
05. Das Ende des Schweigens