Der Reprodukt Verlag wurde 1991 in Berlin gegründet. Er spezialisiert sich auf Comics für Erwachsene und Kinder, Graphic Novels und Mangas. Zum dreißigjährigen Jubiläum gab Verleger Dirk Rehm Filmophilie ein Interview.
Wie bist du auf die Idee gekommen deinen eigenen Verlag zu gründen?
Die Motivation kam daher, dass es in den 80er Jahren in den USA eine Bewegung von jungen Zeichner*innen gab, die Comics veröffentlicht haben, die häufig einen autobiografischen Hintergrund hatten. „Eightball“ von Daniel Clowes, „Dirty Plotte“ von Julie Doucet, „Yummy Fur“ von Chester Brown etwa und im weiteren Sinne auch „Love & Rockets“ der Gebrüder Hernandez, die die Punkkonzerte, Bandenkriege und unglückliche Liebesbeziehungen thematisierten, wie sie in ihrem Umfeld an der Tagesordnung waren. In Deutschland gab es kein Forum für diese sehr authentischen Stoffe, meiner Generation, und da ich mich den Lebenswelten und Lebenserfahrungen dieser Zeichner*innen sehr nahe fand, erwuchs das Bedürfnis, diese Comics selbst in deutscher Sprache vorzulegen.
Ich hatte zwar keine Erfahrung als Verleger, aber langjährige Kontakte etwa zu Andreas C. Knigge und dem Carlsen Verlag und in der Hamburger Comic- und Grafikszene. Die Unterstützung von dieser Seite half mir sehr, die ersten Veröffentlichungen auf die Beine zu stellen.
Wieso die Spezialisierung auf Comics, Graphic Novels und Mangas?
Comics empfinde ich als ein sehr spannendes Medium und gerade Comics mit biografischen Bezügen begeisterten mich schon als junger Leser. Es lag daher für mich nahe, mich auch beruflich mit etwas zu beschäftigen, das mir als Leser Freude gemacht hat. Das waren in dem Maße weder Romane noch Sachbücher oder gar Kalender. Also lag die Spezialisierung auf Comics nahe.
Woher kommt der Name des Verlags, „Reprodukt“?
Comics sind Reproduktionen von Zeichnungen. Ich mochte und mag die drei Vokale im Namen.
Hat sich seit der Verlagsgründung vor 30 Jahren, in der Comicwelt, viel verändert?
Sehr viel. Der Comicmarkt ist sehr gewachsen und die Comicproduktion hat sich von analog zu digital gewandelt. Wo wir früher Stunden um Stunden in der Dunkelkammer verbringen mussten, um Filme zu belichten, reicht jetzt ein Klick auf die richtige Taste. Was den Comicmarkt betrifft, haben wir in allen Bereichen, ob Manga oder Superhelden-Comics, frankobelgische Albenproduktionen, Graphic Novels, Sammler- und Werkausgaben oder Comics von deutschen Zeichnern, ein so großes und vielfältiges Angebot wie nie zuvor.
Gibt es große Unterschiede zwischen Comic Verlagen und „herkömmlichen“ Buchverlagen?
Es gibt beim Comic mehr herstellerische Schritte zu beachten, als bei der Produktion eines literarischen Werks. Bei uns müssen die Autor*innen zunächst überlegen, was und wie sie erzählen wollen, dann wird ein Szenario geschrieben oder ein Storyboard gezeichnet, redigiert, Reinzeichnungen, Farbgebung und Lettering gefertigt und all das zusammen wird digital reproduziert und schließlich gedruckt. Bei einem literarischen Werk wird geschrieben, redigiert gesetzt und gedruckt, das zu produzieren ist in der Regel kostengünstiger zu machen.
Wie würdest du die Programmlinie des Reprodukt Verlages beschreiben?
Comics mit häufig biografischem Bezug, die oft einen kultur- und zeitgeschichtlichen Hintergrund haben sowie Kindercomics für das jüngste Lesealter. Beide Themenbereiche möchten wir gerne weiter ausbauen. Wir verstehen uns als Autorenverlag und es ist immer unser Bestreben, dem Werk eines Autors zu folgen.
Welche Comics sind besonders beliebt bei euren Leser*innen?
„Unerschrocken“ von Pénélope Bagieu, „Kiste“ von Patrik Wirbeleit und Uwe Heidschötter, „Kinderland“ von Mawil, „Irmina“ von Barbara Yelin…
Welcher Comic ist dein persönlicher Favorit?
Da gibt es keinen einen Favorit. Ich freue mich immer sehr, wenn ich mich mit einem Comic näher beschäftigen kann, weil ich in redaktioneller oder grafischer Auseinandersetzung mit dem Titel bin. Im Moment ist das „Herr Hase: Die fröhliche Apokalypse„, für den ich das Handlettering mache. Im Arbeitsprozess komme ich den Zeichnungen sehr nahe und setze mich mit jedem Panel auseinander, mit der Dynamik des Erzählstils und nicht zulezt auch dem Gedankenprozess des Zeichners. Das ist meist ein spannender und dankbarer Prozess.
Bildquellen: © Reprodukt
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